Viel zu selten erhalten wir eine zweite Chance im Leben. Sowas gibt es nur im Theater. "Wir brauchen Dich", sagte Jörn mir am Telefon. Ein blinder Laien-Schauspieler war aus dem Projekt ausgestiegen. Seine Rolle war plötzlich unbesetzt. Und jetzt bin ich doch noch dabei und spiele den Leiter einer blinden Schauspieltruppe. Text hab ich nicht so viel. Das Komplizierteste scheinen mir die Auf- und Abgänge zu sein. Das bedarf klarer Ansagen und kluger Koordination. Schließlich müssen sieben blinde und hochgradig sehbehinderte Schauspieler ihre Einsätze und Wege finden. Da geht viel nach Geräusch - von wo kommt die Musik, die Stimmen der anderen Protagonisten - und Gefühl - wo steht in welcher Szene der Hocker, welcher Teil der Bühne wird wann bespielt? Aber bis zur Premiere am 18. September werden die Wege sitzen.
Freitag, 29. August 2008
Dienstag, 26. August 2008
Es regnet Jaya the Cat
Der Herbst hielt am vergangenen Wochenende Einzug in die Hansestadt. Zwei Tage Dauerregen. Gut, dass sich diese Stadt nicht auf ihr Klima verlassen muss. Wenn man die Sommer-Abende halt nicht auf einer Decke im Stadtpark verbringen kann, dann geht man halt auf den Rathausmarkt und hört Livemusik. Am Freitag Abend waren Michi und ich beim Rockspektakel-Konzert von Jaya the Cat. Die Bostoner - mit Wahlheimat Amsterdam - machten einfach Party. Ich kannte vor dem Konzert nur den Hit Closing Time. Da war ein Konzert für lau genau das Richtige, um einmal mehr kennenzulernen. Die Mischung aus Reggae mit E-Gitarre, Psychedelic und Ska hat mich vollkommen überzeugt. Bei einem so schrecklichen Wetter ein Publikum zu rocken, das kaum einen Song kennt, das schafft nicht jeder. Sehr gut möglich, dass ich mir die Jungs im September noch einmal anschaue. Dann spielen sie im Logo. Hier kommt es auch manchmal nass von oben, dann aber, weil es so heiß ist.
Howie im Harz
Gut, der Harz hat nicht gerad den Ruf, ein hippes und junges Reiseziel zu sein. Aber vielleicht gefällt es mir deswegen dort so gut. Schon als ich aus dem Zug aussteige, begeistert mich die frische Bergluft. Es duftet nach Wald, nach feuchten Böden und klaren Winden. Ich bin in Bad Sachsa. Familie Trevor hat mich eingeladen, mit ihr vier gemeinsame Tage zu verbringen. Schön, das glückliche Ehepaar hier zu treffen, mit ihm über menschenleere, unfassbar ruhige Wanderwege zu stiefeln und den Sonnenschein zu genießen. Tante Trevors Eltern haben in der Uffe-Stadt (komisch, dass der Ort mit einem Fluss wirbt, den kein Mensch kennt) eine Ferien-Wohnung. Und die hat es in sich. Am schönsten sind die über 20 Jahre alten Kassetten, die hier - wahrscheinlich seit über 20 Jahren liegen - und darauf warten gespielt zu werden. Das Warten hat sich für sie gelohnt. Howie hat Dank der "Ein Herz für Kinder 1987"-MC seinen zehnten Frühling in Bad Sachsa - und wir drei haben bis heute einen verstörenden Ohrwurm und ein "Dadadadada - Disch" auf den Lippen, das bei unseren Mitmenschen nur ein verwundertes Lächeln hervorruft. Zwischendurch hat der Südharz aber auch ganz andere Klänge für uns parat. Der Markt der Nationen bringt uns am Samstag Nachmittag Irish Folk von der anständigen Sorte zu Gehör, dazu wird Guinness serviert. Seit meinen Irland-Reisen ist das für mich der Inbegriff von Urlaub: Folk, Pint und Frischluft. Schön, dass man das auch in Norddeutschland haben kann.
Freitag, 22. August 2008
Schwarz-Grün hält Wort
GAL und CDU halten Wort. Während des Wahlkampfes hatte sich der Blinden- und Sehbehindertenverein Hamburg für eine Anhebung und eine Dynamisierung des Blindengeldes in der Hansestadt stark gemacht. Im Koalitionsvertrag versprachen die Parteien eine Kopplung der Leistung an die Renten. Heute gibt die Grün-Alternative Liste in einer Presse-Erklärung bekannt:
"Auf Initiative der GAL-Fraktion wurde gestern gemeinsam mit der CDU ein Antrag zur Änderung des Hamburgischen Blindengesetzes in die Bürgerschaft eingebracht. Die Änderung beinhaltet, dass Blinde Menschen rückwirkend zum 1. Juli 2008 eine Erhöhung des Blindengeldes auf 453 Euro erhalten. Zukünftig wird zudem regelmäßig zum 1. Juli eines Jahres die Höhe des Betrages an die Rentenentwicklung angepasst.
Bei der letzten Änderung des Blindengesetzes 2005 war diese Dynamisierung gegen die Stimmen der GAL abgeschafft und das Blindengeld erheblich gekürzt worden. Fortan wurde ein einheitlicher Betrag für Kinder und Erwachsene ausbezahlt. Die Folge davon war, dass Menschen über 18 Jahre erhebliche Kürzungen hinnehmen mussten und dass Inflationsschwankungen nicht berücksichtigt wurden.
Martina Gregersen, Sprecherin der GAL-Bürgerschaftsfraktion für Menschen mit Behinderung: „Ich freue mich, dass nun das Blindengeld wieder leicht steigt - und dieses nun auch jährlich. Denn blinde Menschen haben einen höheren finanziellen Aufwand als Sehende. Durch das Blindengesetz von 2005 mussten sie eine starke Kürzung hinnehmen. Dass ist nun anders, denn jetzt werden jährliche Anpassungen vorgenommen."
Das Blindengeld dient dazu, Nachteile und Folgekosten einer Erblindung oder Sehbehinderung auszugleichen: Das können Kosten für eine Putzhilfe, Taxifahrten, Schreib- und Lesehilfen, Texte in Braille-Schrift und vieles mehr sein."
Mittwoch, 20. August 2008
öffentliche Täuschung?
"Public Relations sind das Differenzmanagement zwischen Fakt und Fiktion durch Kommunikation über Kommunikation in zeitlicher, sachlicher und sozialer Perspektive." Differenzmanagement zwischen Fakt und Fiktion sei dabei "eine Technik bedingt geduldeter öffentlicher Täuschung." Das sagt der Münsteraner PR-Wissenschaftler Klaus Merten - und er gießt Wasser auf die Mühlen derer, die in PR schon immer nur Lug und Trug sahen. Horst Avenarius hat bereits viel Wahres dazu gesagt. Und in so manch einem Branchen-Forum wird fundiert und aufschlussreich diskutiert. Und doch kann ich es mir nicht verkneifen, auch ein, zwei Sätze zu Mertens Thesen zu schreiben. Schließlich spiegelt Merten eine PR-Sicht wider, die - wenn auch intellektuell verbrämt - sich kaum vom Alltagsverständnis des Otto Normalverbrauchers unterscheidet. Da wird PR gern mit Werbung gleichgesetzt. Und auch für viele Unternehmer sind Public Relations nur eine kostengünstigere Variante des Marketings. "Ihr wollt doch nur Eueren Auftraggeber in die Zeitung bringen und dabei möglichst gut dastehen lassen", so das gängige Vorurteil gegen meine Zunft. Diese Kritiker vergessen, dass PR immer zwischen dem Inneren eines Auftraggebers und der Öffentlichkeit vermittelt - und das in beide Richtungen. Eine PR-Strategie, die auf Lügen baut, wird schneller entlarvt als ihr lieb sein wird. Würde ich wissentlich die Unwahrheit über das Leben der blinden und sehbehinderten Hamburger oder über den Blinden- und Sehbehindertenverein Hamburg verbreiten, wer würde mich danach noch um unsere Meinung bitten? Niemand. Und was wäre vereinsintern gewonnen, wenn ich als PR'ler suggerieren würde, unsere Selbsthilfe-Organisation könnte die Medien, die Politik, die Gesellschaft beschummeln? Nichts. Da halte ich es doch lieber mit dem Code de Lisbonne: "PR-Aktivitäten müssen offen durchgeführt werden. Sie müssen leicht als solche erkennbar sein, eine klare Quellenbezeichnung tragen und dürfen Dritte nicht in die Irre führen." Das scheint mir sinnvoller zu sein als bedingt geduldet die Öffentlichkeit zu täuschen.
Freitag, 15. August 2008
Eigentlich unddenkbar
Beziehungen zwischen Mann und Frau sind - sieht man es einmal realistisch - undenkbar. Und doch gibt es sie. In ihnen finden wir Erfüllung und Enge, Glück und Hass, Lust und Leid. Das alles sind Binsenweisheiten. Es gibt in der Literatur aber einige Werke, in denen diese Binsenweisheiten famos pointiert wurden. Hier kommen fünf meiner Highlights von Mann-Frau-Geschichten - schließlich hab ich Urlaub, das Wetter ist mittelmäßig, und ich hab Zeit für Literatur:
Arthur Schnitzler: Traumnovelle
Genial, abstoßend und anziehend. Schnitzler lässt uns tief in die ehelichen Abgründe des Unbewussten schauen. Und er gibt doch die Hoffnung nicht auf, dass sich dieser gemeinsame Blick für Paare am Ende lohnt.
Milan Kundera: Die unerträgliche Leichtigkeit des Seins
Witzig, traurig, verstörend. Dass es in Liebe und Leben keine Probe gibt, sondern jede Handlung gleich eine Wirkung hat, die wir nicht mehr rückgängig machen können, ist Kunderas erschütterndes Thema.
Nick Hornby: High Fidelity
Groovy, bitter, süß. Hornby zeigt, dass es sich lohnt, sich zu streiten, sich zu versöhnen und gemeinsam erwachsen zu werden und dabei trotzdem jung zu bleiben.
Thomas Mann: Luischen
Widerlich, gnadenlos, mahnend. So grausam und erniedrigend kann eine einseitige Liebe enden - lasst Euch das eine Mann'sche Warnung sein.
Tschingis Aitmatow: Dshamilja
Romantisch, menschlich, politisch. Wirklich eine der schönsten Liebes-Geschichten der Welt. Aitmatow zeigt, dass die Liebe zwischen Mann und Frau bestehen kann - gegen die größten Widrigkeiten des Lebens.
Ich freu mich auf Ihre Lieblings-Mann-Frau-Geschichten als Kommentar.
Im Zentrum wird es grau
Kennen Sie Makula-Degeneration? Wenn ja, dann haben Sie vielleicht einen Verwandten mit dieser Netzhauterkrankung, oder Sie gehören zu dem Viertel der Über-60-Jährigen, die von ihr betroffen sind, oder Sie haben jüngst in eine TV-Sendung gezappt, die sich mit dem Thema AMD befasst hat, oder Sie sind über Aufklärungsanzeigen in Ihrer Tageszeitung gestolpert. AMD, altersbedingte Makula-Degeneration, ist der häufigste Grund für sehbehinderung in Deutschland. Im Alter lässt hierbei das Scharf-Sehen nach - im Zentrum wird es grau. Die Blinden- und Sehbehindertenvereine in Deutschland machen zunehmend auf die Situation der AMD-Patienten aufmerksam. Besonders machten sie sich im vergangenen Jahr für eine optimale medizinische Versorgung stark. Der Blinden- und Sehbehindertenverein Hamburg bietet für Betroffene Alltagsberatung und Hilfsmittel an. In Gesprächskreisen treffen sich AMD-Patienten im Louis-Braille-Center und tauschen sich über ihre Erfahrungen beim Arzt aus und machen sich gegenseitig Mut - oft erkennen sie erst hier, dass das Leben auch mit nachlassendem Sehen noch erfüllt sein kann. Wie bei vielen Krankheiten gilt auch bei AMD, dass Früherkennung Gold wert ist. Ein Zusammenschluss aus Patienten, Ärzten, Politik und Industrie hat nun eine Kampagne gestartet. Dazu schreibt der Newsletter DBSV-Direkt (Ausg. 35 vom 11.08.):
"Über 60? Sorgen Sie gut für Ihr Augenlicht!" Mit dieser Aufforderung werden heute in Zeitungen und Zeitschriften die ersten Anzeigen einer Früherkennungskampagne zur Altersbedingten Makula-Degeneration (AMD) veröffentlicht, an der sich auch der DBSV beteiligt. Das Anzeigenmotiv - eine ältere Dame mit ihrem Enkel - ist im Zentrum durch einen großen grauen Fleck gestört. Genau das ist der Seheindruck von Menschen, die an AMD in fortgeschrittenem Stadium leiden.
AMD ist in entwickelten Ländern die Hauptursache für Erblindung und schwere Sehbehinderung im Alter. In krassem Gegensatz zu den teilweise schwerwiegenden Folgen steht das allgemeine Unwissen, was Risikofaktoren und erste Warnhinweise angeht. Diese Erkenntnis hat zu einem in Deutschland fast einzigartigen Schulterschluss von sechs hochrangigen Partnern aus der Patientenselbsthilfe, der Politik, der Ärzteschaft sowie der Gesundheitsindustrie geführt. Der Deutsche Blinden- und Sehbehindertenverband, Pro Retina Deutschland, das Bayerische Staatsministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familie und Frauen, der Berufsverband der Augenärzte Deutschlands, die Retinologische Gesellschaft und Novartis Pharma starten eine auf mehrere Monate angelegte AMD-Kampagne unter dem Motto: "Bewahren Sie Ihr Augenlicht". Mit Anzeigen und regionalen Aktivitäten soll deutschlandweit über Risikofaktoren, Symptome, Warnhinweise und Diagnosemöglichkeiten bei AMD informiert werden.
Renate Reymann, Präsidentin des DBSV, erklärt: "Wir engagieren uns für 'Bewahren Sie Ihr Augenlicht', weil es nicht hingenommen werden kann, dass Menschen unnötig erblinden. Parallel möchten wir den Gedanken einer ganzheitlichen Beratung in der Initiative verankert wissen, denn erstens können auch modernste Therapien nicht allen Betroffenen helfen und zweitens dürfen selbstverständlich diejenigen Menschen nicht vergessen werden, bei denen bereits eine irreversible Sehschädigung eingetreten ist."
Offizieller Kampagnenauftakt ist ein Pressegespräch am 27. August 2008, bei dem die Kooperationspartner umfassend über ihre gemeinsame Aktion informieren werden.
Sonntag, 10. August 2008
Nochmal der weise Thomas
Aber um den jungen Avantageur mit den zu langen Augenlidern könntest Du Dich ein bisschen kümmern, der neben Dir sitzt und seine Einsamkeit gern mit Deiner zusammentäte. Warum verschmähst Du ihn? Warum verachtest Du ihn? Weil er von Deiner eigenen Welt ist und nicht von der anderen, wo Frohmut und Stolz herrscht, Glück, Rhythmus und Siegersinn? Freilich, es ist schwer, in einer Welt nicht heimisch zu sein und nicht in der anderen, - wir wissen es! Aber es gibt keine Versöhnung ...
(...)
Denn ein Glück, ein kleiner Schauer und Rausch von Glück berührt das Herz, wenn jene zwei Welten, zwischen denen die Sehnsucht hin und wider irrt, sich in einer kurzen, trügerischen Annäherung zusammenfinden.
Der Weißwurst-König
Der Sonntag nach der Hochzeit gehörte der Weißwurst. Zum letzten Mal hatten wir die Chance, Schlachtermeister Böckes Spezialität zu genießen. Mit ihr hat er Preise in Hülle und Fülle abgeräumt. Er hat seine Bayerischen Konkurrenten dabei regelmäßig abgehängt. Böckes Weißwurst ist eine Wucht. 1500 Stück verkauft er wöchentlich. Und er trug so manches Mal zu einem zünftigen Frühstück bei, das ganz im Sinne der bayerisch-hanseatischen Völkerverständigung stand. Mit siebzig Jahren geht der Meister in den Ruhestand. Zum Glück hat er sein Rezept an seinen Nachfolger weitergegeben, so dass unsereins sich auch weiter auf die beste Weißwurst Deutschlands freuen kann - schon gut, wenn man in Hamburg lebt.
Sie sind ein Paar
Wenn eine der aufmerksamsten Blind-PR-Leserinnen und einer meiner ältesten Freunde sich vor Gott das Ja-Wort geben, dann sollte das einen Blog-Eintrag wahrlich wert sein. Das Schöne am Bloggen ist, dass man immer top-aktuell und umgehend seine Erlebnisse und Gedanken niederschreiben kann. Das beweise ich einmal mehr mit diesem Post. Schließlich war die Hochzeit erst am 2. August.;-)
Tante und Onkel Trevor sind jetzt ein echtes Ehepaar - mit Ja-Wort im Standesamt und vor der Pastorin. Sie versprachen sich die ewige Treue in einem Garten unter freiem Himmel. Ein schöner Ort: wenn es ein Gotteshaus gibt, dann duftet es gewiss nach Blumen und grüner Wiese, dann scheint in diesem die Sonne und es zwitschern die Vögel. Die wehmütig-sentimental-zerrüttete Grundstimmung des Autors paarte sich mit der Romantik der Hochzeit zu einem Kloß im Hals und zu feuchten Augen. Aber es ist zugleich ein aufbauendes Ritual, so eine Hochzeit. Sehr persönliche und anrührende Fürbitten gingen ans Herz, das Ehe-Versprechen der Trevors bewegte, "Danke für meine Arbeitsstelle" zu singen, sorgte für ein humorvolles Gegengewicht auf der Studenten-Hochzeit. Spätestens mit dem fulminanten Buffet war der Kloß im Hals hinfortgemampft, und ich erfreute mich den restlichen Abend an fröhlich-stolzer Verwandtschaft, an einer Musik-Mischung, die wirklich alle Generationen auf die Tanzfläche brachte (das schafft nicht jeder DJ - Plattenmann Jens lebe hoch!) und an meinem grandiosen Freundeskreis. Gerade wenn es mal nicht so rund läuft, merke ich, was ich an ihm habe. Schön, dass es Euch alle gibt! Und den Trevors wünsche ich, dass sie ihre Versprechen einhalten, und dass sie sich verzeihen, wenn es einer von ihnen mal nicht schafft! Ihr seid super!!!
Mittwoch, 6. August 2008
Moderne Sozialpolitik
Die drastischen Blindengeld-Kürzungen haben in Mecklenburg-Vorpommern eine weitere Hürde genommen. Am Montag beschloss das Kabinett, die Leistung von 546 auf 333 Euro monatlich zu reduzieren. "Die Kürzungspläne treiben blinde Menschen in die Armut - und das ohne Not, denn der Landeshaushalt ist ausgeglichen", sagte Gudrun Buse, Vorsitzende des Blinden- und Sehbehindertenvereins Mecklenburg-Vorpommern, im Newsletter DBSV-Direkt, "Wie passt eine solche Entscheidung zulasten behinderter Menschen zu einer modernen Sozialpolitik der SPD?" Buse sprach heute auch noch einmal mit Sozialminister Erwin Sellering, der sich bisher aber uneinsichtig zeigte. Möchte sich hier der zukünftige Ministerpräsident als durchsetzungsstarker und knallharter Machtpolitiker profilieren? Andererseits machte sich Sellering für bedürftige Kinder stark, die inzwischen kostenloses Mittagessen in den Tagesstätten erhalten. Peter Ritter, Chef der Linken in Meckpom, kritisierte diese Form der Sozialpolitik Die SZ zitierte ihn mit den Worten: "Das Mittagessen wird dadurch finanziert, dass man das Blindengeld kürzt." Die von der unsozialen Kürzung Betroffenen scheinen jedenfalls entschlossen, den Kampf anzunehmen. Am Montag empfingen protestierende Blinde den SPD-Vorsitzenden Kurt Beck in Güstrow. Und gestern gab es eine Mahnwache vor der Schweriner Staatskanzlei. Gudrun Buse: "Wir haben uns ja gerade erst warmgelaufen!"
Blind auf der Bühne
Meine Theater-Pläne musste ich - trotz der großen Freude an den ersten Proben - aufgeben. Das fiel mir wahrlich nicht leicht, versprach das Projekt doch etwas ganz besonderes zu werden. Der zusätzliche Zeitaufwand war aber einfach nicht drin. Um so gespannter bin ich auf das Ergebnis. Die Kulturbühne Bugenhagen teilte jetzt in einer Pressemitteilung mit:
Zusehen oder Nichts zu sehen
Sehen oder nicht sehen, das ist nicht die Frage, wenn sich am 18.9. der Vorhang öffnet für die Premiere eines außergewöhnlichen Theaterprojektes an der Kultur Bühne Bugenhagen in Barmbek-Süd. Seit Mai proben dort sieben blinde oder sehbehinderte Laiendarsteller und fünf sehende ausgebildete Schauspieler an einem selbstentwickelten Theaterstück. Im spannenden Probenprozess erlebten die Zwölf Darsteller in verschiedenen Schritten Theater und auch die Frage nach der Bedeutung der Sinne durch theaterpädagogisches Training, eine Schreibwerkstatt und viele Gespräche in einer sehr intensiven Weise.
In der turbulenten Geschichte gibt es eine Truppe von Schauspielern, die sich unter der Regie einer sehr eigenwilligen Regisseurin an Shakespeares Sommernachtstraum versucht. Zugleich lernt man eine lustige Gruppe von ebenfalls sehr individuellen blinden Persönlichkeiten in der „Königin der Nacht“ kennen, einer angesagten Szene-Bar im Dunkeln. Wie es der Zufall will, gehören sie einer erfolgreichen Laientheatergruppe an. Doch nicht nur das. Franziska, die in der Bar arbeitet, lernt Oliver, einen der sehenden Schauspieler kennen. Darüber verwickeln und vermischen sich die Sehnsüchte und Träume Aller in berührenden wie frechen und komischen Begegnungen. Eine nicht unwesentliche Rolle spielt dabei Puck, der kecke Kobold der Nacht.
Shakespeares Sommernachtstraum lebt von seinen Verirrungen und der Suche nach den großen Antworten des wer mit wem, wann und wieso. Die Kultur Bühne Bugenhagen hat sich von dem Stoff inspirieren lassen und unter der Regie des Theaterpädagogen Jörn Waßmund ihre ganz eigenen Antworten gefunden: mit viel Spielwitz, Phantasie, Musik und vielen Überraschungen.
Premiere am 18.9. um 20 Uhr in der Kultur Bühne Bugenhagen, Biedermannplatz 19. Weitere Aufführungen sind am 19., 26. und 27.9., sowie am 4.10. jeweils um 20 Uhr. Kartenvorbestellungen unter Tel.: 040-63947041 oder unter info@kbb-hamburg.de.
Montag, 4. August 2008
Ein Zitat
"Verzückte Poeten haben mir vorgesungen, die Sprache sei arm, ach, sie sei arm - o nein, mein Herr! Die Sprache dünkt mich, ist reich, ist überschwenglich reich im Vergleich mit der Dürftigkeit und Begrenztheit des Lebens. Der Schmerz hat seine Grenzen: der körperliche in der Ohnmacht, der seelische im Stumpfsinn, - es ist mit dem Glück nicht anders. Das menschliche Mitteilungsbedürfnis aber hat sich Laute erfunden, die über diese Grenzen hinweglügen."
Bilder zum Fühlen
Das liest man selten auf einer Bilder-Ausstellung: "Berühren ausdrücklich erwünscht". Armelle Geydet malt Bilder für Augen und Finger - und sogar für die Ohren. Als ich erstmals von Geydets Kunst hörte, war ich überrascht. Was soll man denn bei gemalten Bildern ertasten können? Skulpturen, Reliefs, all das ertaste ich gern - und selbst das ist in den meisten Museen streng verboten. Aber irgendetwas wird sich die Künstlerin dabei gedacht haben. Originell jedenfalls ist ihr Angebot. Vielleicht ergibt sich aus ihm ja ein Ausflug für unsere blinden und sehbehinderten Vereinsmitglieder. Also fuhr ich zusammen mit einer sehenden Kollegin ins Kinderkrankenhaus nach Altona, wo zurzeit einige Werke Geydets ausgestellt sind. Zunächst ertastete ich das Bild, und erst dann ließ ich mir den virtuellen Eindruck von meiner Kollegin beschreiben. Und es war spannend, wie häufig unsere Eindrücke sich ähnelten. "Dieser Bereich fühlt sich sandig an", sagte ich. "Er sieht auch so aus", antwortete sie. Bei einem anderen Bild: "Wenn ich meine Hände hierüber gleiten lasse, machen sie automatisch Wellen-Bewegungen." "Es ist blau und sieht nach Meer aus." Geydet malt mit acryl-Farbe, die sie für ihre abstrakten Bilder verwendet. Sie schafft dabei nicht nur optisch wirkungsvolle Kunst, sondern - ich frage mich, ob von vornherein beabsichtigt oder rein zufällig - Relief-Landschaften, mal mit rauhen, scharf-kantigen Felsen, mal weich und beinah klebrig, mal rund und glatt. Würfel und Kreuze sind immer wieder zu ertasten, die entweder massiv, mit groben Rändern im Zentrum des Bildes stehen oder über den Rand hinaus flüchten. Und ganz nebenbei entdeckte ich, dass sich die Farben auch noch unterschiedlich anhörten. Strich ich mit meinen Händen über den hellen Teil des Bildes entstand ein zartes Rauschen, glitt ich über den dunklen Teil, klang es verkratzt und nach Stein. Das war endlich mal eine Kunst-Ausstellung nach meinem Geschmack.