Montag, 30. März 2009

Geist und Gesellschaft

Dass ich das Buch in gänze lesen würde, hätte ich nach den ersten Kapiteln nicht gedacht. Und normalerweise habe ich auch keine Skrupel. einen Roman, der nicht in Gang kommt, unbeendet der Blindenschrift-Bücherei zurückzusenden. Aber nun hieß der Autor des Glasperlenspiels Hermann Hesse. Und bisher hatte mich der Meister der romantisch-psychologischen Moderne nie enttäuscht. somit hielt ich durch. Und darüber bin ich sehr froh. Denn das Glasperlenspiel ist ein dichtes, kluges Werk über das verhältnis von Geist und Gesellschaft. Es proklamiert das Ideal der freien Wissenschaft, was in Zeiten von Leistungsdruck, Studiengebühren und einer ausschließlichen Ausrichtung der Studiengänge auf den Beruf topaktuell ist. Und Hesse entwirft eine Utopie des Austauschs zwischen den wissenschaftlichen disziplinen. Diesen Austausch wünscht man sich in Zeiten immer komplexerer globaler Problemlagen. Aber der Autor verarbeitet in seinem letzten großen Werk auch die Gefahren, die in einer Separierung der Wissenschaft vom Rest der Gesellschaft und vom Transzendentalen liegt. Und wenn man schließlich bedenkt, dass das Glasperlenspiel 1943 erschien, inmitten des zweiten Weltkriegs und des Holocausts, dann ist dieser etwas skurile und schwierige Roman ein grandioser Ausdruck von Hesses Humanismus. Hesse lohnt sich immer.

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Donnerstag, 26. März 2009

Ein besonderes Hotel

Urlaub. Abschalten. Energie Tanken. Gerade für blinde und sehbehinderte Menschen ist die Suche nach dem geeigneten Reiseziel wichtig. Der Alltag mit dem weißen Stock verlangt viel Konzentration. Schließlich muss ein eingeschränkter oder fehlender Sinn rund um die Uhr ersetzt werden. Da wollen viele Betroffene zumindest während der Ferien eine barrierefreie Umwelt. Der Blinden- und Sehbehindertenverein Hamburg (BSVH) betreibt in Timmendorfer Strand sein Aura-Hotel. Das moderne Haus liegt wenige hundert Meter vom Ostsee-Strand entfernt und bietet Hotel-Komfort plus kontrastreiche Zimmer- und Treppenhaus-Gestaltung, hilfsbereites und unaufdringliches Personal, Begleitung bei Ausflügen, eine Hörbibliothek und vieles mehr. Ein sehr sehenswertes Info-Video können Sie auf der Aura-Infoseite vom BSVH anschauen.

Sonntag, 22. März 2009

Um Filme zu lieben, braucht man sie nicht zu sehen

Die Gala zum siebten deutschen Hörfilmpreis war ein voller Erfolg. Meinen Bericht über die Verleihung können Sie im Blog von Lisa-Sprachreisen lesen. Vielen Dank an die Lisa-Twitterer für die Anfrage nach dem Artikel"

Mittwoch, 18. März 2009

Hörfilm-Gala: Die Promis kommen

Vom Frankfurter PR-Seminar geht es heute nach Berlin. In der Hauptstadt wird morgen der deutsche Hörfilmpreis verliehen. Mit dieser Auszeichnung würdigt der Deutsche Blinden- und Sehbehindertenverband alljährlich besonders gelungene Produktionen mit Audiodeskription und Personen, die sich für das Medium Hörfilm engagieren. Der Event gehört zu den öffentlichkeitswirksamsten Terminen des Blinden- und Sehbehindertenwesens in der Bundesrepublik. Mit soviel Prominenz wie bei der Gala im historischen Atrium der Deutschen Bank haben wir Blind-PR'ler nur sehr selten zu tun. Schirmherr war in den ersten sechs Preis-Jahren Mario Adorf. Ein neuer Schirmherr wird Donnerstag von Klaus Wowereit vorgestellt. Joy Denalane wird singen, Frauke Ludowig moderieren. Als prominente Gäste haben bisher ihr Kommen bestätigt: Anna Maria Mühe, Hannelore Hoger, Clemens Schick, Boris Aljinovic, Dominic Raacke, Valerie Niehaus, Jennifer Ulrich, Kostja Ullmann, Janine Reinhardt, Otto Sander, Jaecki Schwarz, Friede Springer, Regine Sixt, Patricia Riekel sowie Regina Ziegler.

Hörfilme sind ein Stück Integration: Sie ermöglichen es blinden und sehbehinderten Menschen, Filme und Serien unabhängig und eigenständig zu verfolgen. In den Dialogpausen werden Mimik, Gestik und andere rein visuelle Fakten und Handlungen eingesprochen. Audiodeskription funktioniert also wie ein Hörspiel. Im öffentlichrechtlichen TV gibt es regelmäßig Hörfilme. Allerdings ist dies, gemessen am Gesamtprogramm, immer noch die absolute Ausnahme. Auch auf DVD erscheinen einige Filme mit Audiodeskription.

Die Nominierungen für den siebten deutschen Hörfilmpreis:

  1. „Strajk - Die Heldin von Danzig“ Eingereicht von: Arte
  2. „TRIP TO ASIA ~ Die Suche nach dem Einklang“ Eingereicht von: BOOMTOWNSOUNDS GmbH & Co KG
  3. „Kirschblüten Hanami“ Eingereicht von: Bayerischer Rundfunk
  4. „Die Welle“ Eingereicht von: HIGHLIGHT COMMUNICATIONS
  5. „Shine a Light“ Eingereicht von: KINOWELT HOME ENTERTAINMENT
  6. „Die Katze“ Eingereicht von: Norddeutscher Rundfunk
  7. Tatort „Blinder Glaube“ Eingereicht von: Rundfunk Berlin-Brandenburg
  8. „BLINDSIGHT“ Eingereicht von: Tao Cinemathek GmbH
  9. „Engelchen flieg“ Eingereicht von: Westdeutscher Rundfunk
  10. „Der Letzte macht das Licht aus“ Eingereicht von: ZDF
  11. „Novemberkind“ Eingereicht von: Südwestrundfunk
  12. Frau Hela Michalski, Hörfilmbeauftragte des Blinden- und Sehbehindertenverein Schleswig-Holstein (BSVSH) Eingereicht von: BSVSH

Montag, 16. März 2009

Doch, sie stören

In Hamburg-Altona gibt es Streit. Der Bezirk möchte die Zahl der Aufstellschilder vor Geschäften reduzieren. Die Begründung: die Schilder versperren Personen mit Kinderwagen und blinden Menschen den Weg. In der vergangenen Woche rief mich ein Journalist an: "Ich kann mir das nicht vorstellen, dass die stören", sagte er mir. Doch, das tun sie. Insbesondere wenn sie nicht direkt vor dem Geschäft, sondern mitten auf dem Bürgersteig stehen. Wie oft schlage ich mit meinem weißen Stock gegen diese Hindernisse - wenn es gut läuft. Wenn es schlechter läuft, dann stehen sie so, dass nicht mein Stock gegen sie stößt, sondern mein Ellbogen oder Knie. "Aber man muss doch abwägen", gab der Medienkollege zu bedenken, "die Interessen der wenigen Blinden und das Informationsbedürfnis von zwei Millionen Hamburgern." Man kann sicher über den Informationsgehalt von vermeintlichen Sonderangeboten streiten. Und 3000 blinde und weit über 40.000 sehbehinderte Hamburger sind auch kein Pappenstiel. Und deren Interessen vertrete ich. Daher: Ich freue mich über jedes Schild, über jedes Hindernis, über jede Barriere, das oder die von Hamburgs Bürgersteigen verschwindet.

Mittwoch, 4. März 2009

Zynische Sozialpolitik: Mecklenburg-Vorpommern kürzt Blindengeld

Blindengeld bleibt ein politischer Dauerbrenner: In Niedersachsen stieg die Leistung leicht, der Thüringer Blinden- und Sehbehindertenverein kämpft für eine Erhöhung im Schlusslichtland, von europäischer Seite gibt es Bedenken, ob die Kleinstaaterei beim Nachteilsausgleich rechtens ist. Und in Mecklenburg-Vorpommern hat der Landtag heute eine dramatische Leistungskürzung um 20 prozent beschlossen. Um den Haushalt zu sanieren, wird im Nordosten im sozialen Bereich gespart. Dabei hatte die vermeintlich kleine Gruppe der blinden und sehbehinderten Menschen enorme Schlagkraft bewiesen: Demonstrationen, Mahnwachen, Unterschriften-Aktionen und Gespräche mit Politikerinnen und politikern wurden auf die Beine gestellt. Leider konnte die Kürzung nicht verhindert werden. Immerhin aber konnten die 40prozentigen Streichungspläne des Sozialministeriums reduziert werden. Dass sich SPD und CDU die geringere Kürzung nun auf ihre sozialpolitischen Fahnen schreiben, ist allerdings mehr als zynisch. DBSV-Inform schreibt zum heutigen Landtagsbeschluss:

"acht Monate lang hat der Blinden- und Sehbehinderten-Verein Mecklenburg-Vorpommern (BSVMV) intensiv gegen die geplante Kürzung des Landesblindengeldes gekämpft. Heute fiel die Entscheidung: Der Schweriner Landtag verabschiedete in zweiter Lesung die Kürzung von 546,10 Euro auf 430 Euro im Monat. Dabei stimmten 36 Abgeordnete für und 28 gegen das neue Landesblindengeldgesetz, das zum 1. Mai 2009 in Kraft treten wird.

Nachdem sich der Koalitionsausschuss Ende Januar darauf verständigt hatte, die geplante Kürzung von 40 auf 20 Prozent zu reduzieren, war das Ergebnis der heutigen Landtagssitzung abzusehen. Trotzdem hatte der BSVMV noch einmal zum Protest aufgerufen. Rund 100 blinde und sehbehinderte Menschen versammelten sich heute früh zu einer Mahnwache vor dem Schweriner Schloss, um die Abgeordneten daran zu erinnern, dass sie bei der Abstimmung allein ihrem Gewissen verpflichtet sind.

Betrachtet man allein die Zahlen, sieht das Ergebnis des Blindengeldkampfes in Mecklenburg-Vorpommern wie ein Kompromiss aus. Die Enttäuschung bei den Vertretern der Blinden- und Sehbehindertenselbsthilfe ist trotzdem groß. "Am Ende ging es der Landesregierung nur noch darum, unbeschadet aus dem Blindengeldkampf herauszukommen. Mit großer Enttäuschung müssen wir erkennen, dass es sich um eine rein politische Entscheidung handelt, die nicht mit nachvollziehbaren Gründen belegbar ist", erklärt Gudrun Buse, Landesvorsitzende des BSVMV. Und auch Renate Reymann, Präsidentin des DBSV, beklagt: "Es entsteht der bittere Beigeschmack, dass wir nur Statisten sind im politischen Theaterstück "Wie es uns gefällt". Wir werden uns weiter gegen jede Politik der sozialen Kälte zur Wehr setzen und auch nach neuen Wegen suchen, um den Nachteilsausgleich für blinde und sehbehinderte Menschen abzusichern.""

Sonntag, 1. März 2009

Menschen bewegen

Fotos, Audiomaterial und bewegte Bilder sind immer mehr Teil professioneller Presse- und Öffentlichkeitsarbeit. Sie machen Infos lebendig, zeigen den Menschen hinter der Nachricht. Der Blinden- und Sehbehindertenverein Hamburg bietet ein umfangreiches Angebot, für alle Menschen, deren Sehen nachlässt: Sprechende und vergrö´ßernde Hilfsmittel, Beratung zu Alltags- und Rechtsfragen, Angebote speziell für Senioren, für Diabetiker, Führhundhalter, einen Arbeitskreis Umwelt und Verkehr, Freizeit- und Kultur-Aktivitäten und vieles Mehr. Es sind Menschen, die dieses Angebot mit Leben füllen, die es ermöglichen. Diese Menschen können Betroffene, Angehörige und Interessierte jetzt in einem Dokumentarfilm kennenlernen. Über Feedback zu unserem Film - als Kommentar oder per E-Mail - freue ich mich.